Ist MarTech die Zukunft des Programmatic-Markts? Für Viktor Zawadzki, Geschäftsführer des MediaMath-Unternehmen Spree7, wird sich der AdTech-Bereich wandeln, die neue Evolutionsstufe MarTech steht schon bereit.

Von Viktor Zawadzki, Geschäftsführer des MediaMath-Unternehmen Spree7
Die gerade veröffentlichte IAB-Studie zeigt, dass die Digitalbranche – nach TV – inzwischen der zweitgrößte Werbemarkt Europas ist. Das heißt nicht nur, dass mit 30,7 Milliarden Euro bereits fast ein Drittel des Werbeumsatzes in Online-Kampagnen fließt. Vielmehr sind 0,9 Millionen Jobs direkt an die Branche gekoppelt, mehrere Millionen indirekt. Als einer der größten Wachstumstreiber gilt dem IAB-Europe-Vorstandsmitglied John Wittensale der Bereich Programmatic. Die zunehmende Bedeutung von Programmatic für den Online-Werbemarkt geht dabei auf eine neue Evolution im Markt zurück: AdTech wird zu MarTech.

Bisher waren Online Advertising und das klassische Marketing zwei recht unterschiedliche Welten: Adtech-Spezialisten dachten in Kategorien wie Cookies oder Fingerprint und in Kanälen wie Mobile oder Display. MarTech-Experten und Marketing-Verantwortliche orientieren sich allerdings an Faktoren wie ROI und Customer Relationship Management oder Campaign Management. Das Zusammenwachsen der beiden Welten findet inzwischen auf philosophischer genau wie auf technischer Ebene statt, was sich etwa darin ausdrückt, dass technologische Systeme wie DSPs und CRMs verknüpft werden. Die Verbindung schafft neuen Raum für Investitionen.

Martech: Interconnected World

Die aktuelle MarTech-Entwicklung ist aus Sicht der Kunden überfällig, die ständig mit den Botschaften aus beiden Welten konfrontiert werden. Typisches Beispiel ist die Ansprache eines Konsumenten innerhalb weniger Zeit, einmal per E-Mail, einmal per Display-Ad. Es gilt, nicht nur die Botschaften zu synchronisieren, sondern auch die Reaktion der Kunden auf die Ansprache interdisziplinär standardisiert zu dokumentieren und für die nächste Ansprache – unabhängig vom Kanal – einzusetzen.
Der Vorgang klingt erst einmal komplex und ist es technisch gesehen auch. Die aus einem solchen Austausch resultierende größte Herausforderung für Werbungtreibende und Agenturen ist aber oft keine technologische. Vielmehr investieren Verantwortliche inzwischen viel Zeit, um Gewohnheiten und Sprache der Teams aus Old und New Economy zueinander zu bringen.

Programmatic Marketing anstelle von Programmatic Advertising

Die zunehmenden Programmatic-Anteile am Werbemarkt, wie sie die Studie des IABs dokumentiert, zeichnen das Zusammenwachsen der beiden Strömungen nach. Programmatic Advertising wird immer mehr Programmatic Marketing. MarTech heißt: Marketingprozesse und -entscheidungen finden zunehmend automatisiert statt und sind datengetrieben.
Es gibt in Zukunft einen gemeinsamen Datenkern, den beide Welten selbstverständlich teilen und nutzen. Kommunikation findet in Echtzeit statt, neu erhobene Daten beeinflussen Entscheidungen und Prozesse ebenfalls immer direkt. Das Zusammenwachsen erlaubt eine Beziehung zum Konsumenten auf einem neuen Level, das Marketingentscheider gegenüber bisherigen Entscheidungsroutinen zunehmend favorisieren werden.

Durch MarTech bilden sich neue Zuständigkeiten heraus

Die Umsetzung, beispielsweise wer die Daten sammelt und wer in welchen Welten Media einkauft, ist noch nicht endgültig geklärt. Allerdings ist die Investition in die Daten letztlich die Grundlage für die andauernde Beziehung mit dem Konsumenten, was wiederum dafür spricht, dass Marketer dieses Wissen inhouse bündeln.

Ob es jedoch sinnvoll ist, die Exekutive komplett inhouse vorzuhalten, darf bezweifelt werden. Es braucht zwar unbedingt versierte Fachleute bei den Werbungtreibenden, die Agenturen steuern und kontrollieren können. Gleichzeitig profitieren aber viele Werbungtreibende von dem gebündelten Wissen, das Programmatic-Marketing-Dienstleister als Partner bei der operativen Umsetzung der Kampagnen einbringen können.

2016 werden also nicht nur die Programmatic-Anteile im Werbemarkt weiter steigen. Erste Marken werden mit Case-Studies an die Öffentlichkeit treten, die auf das Verschmelzen der beiden Welten aufbauen. MarTech ist Zukunft – und bereits jetzt schon Gegenwart.

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